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ÜBERLEBENSKÜNSTLER

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Mein Name ist Felix, ich bin 19 Jahre alt und vor etwa einem Monat hat mein drei monatiger Aufenthalt in Kenia begonnen.

Nach vier erlebnisreichen Tagen und Nächten in Nairobi bzw. im 'Mathare Valley', einem Slum, lebe ich seit dem 28. April in einem GOA Waisenhaus namens CCRC.

Trotz Vorbereitung und ein wenig Recherche gab es in den ersten Wochen einige kleinere Kulturschocks. Dies ist wohl bei den meisten Afrikaanfängern der Fall, wobei das Wort 'Schock' einen negativen Unterton hat, der hier fehl am Platz ist. Vielmehr ist es das Erfahren und Angewöhnen einer anderen Lebensweise und eines anderen Alltags, was mir vor allem viel Spass bereitet hat. In den ersten Tagen fand ich es verblüffend, dass das gleiche Stückchen Seife zum Waschen der Kleider, des Geschirrs und des Körpers verwendet wird. Doch der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Nach kurzer Zeit war für mich das meiste normal und heute fällt es mir schwer die Dinge aufzuzählen, von denen ich weiss, dass sie mich anfangs so überrascht und beschäftigt haben. Sogar meine Haut scheint sich an Afrika gewöhnt zu haben und die anfangs so zahlreichen Floh- oder Insektenstiche bemerke ich gar nicht mehr, obwohl das kleine Tübchen Fenistil schon nach 10 Tagen leer war.

Nach einem Monat empfinde ich vieles, was mir aus der Schweiz auf den Weg mitgegeben wurde, als Panikmacherei. Vorsicht ist natürlich immer geboten, aber auch in der Schweiz gibt es Taschendiebe, ansteckende Krankheiten und auf Hygiene sollte man achten, ganz gleich auf welchem Fleckchen Erde man sich befindet. Viel hilfreicher hingegen empfand ich die Ratschläge und Tipps der Einheimischen. Wie man einen Dorn oder Spiess mit einem anderen Dorn aus der Fusssohle kriegt, hat mich besonders fasziniert.

Ein Fazit, das ich jetzt schon ziehen kann ist, dass Kenianer (jene die ich kennenlernen durfte) wahre Lebenskünstler sind. Die Habseligkeiten jener Menschen kann man oftmals an zwei Händen abzählen und trotzdem wissen sie sich in scheinbar jeder Lebenslage zu helfen und strahlen viel Lebensfreude aus. Ich habe noch keinen Kenianer oder Kenianerin jammern hören - alles wird so genommen, wie es nunmal ist.

Erholungsferien oder ein 'Schoggiläbä' ist es trotzdem nicht und die omnipräsente Armut hat mich schon manches Mal leer schlucken lassen, aber es macht grossen Spass so viel Neues zu erleben und die Herzlichkeit der Einheimischen lässt einen das weit entfernte Heimatland, in dem Strom und fliessendes Wasser Alltag sind, schnell vergessen. Die Landschaft, die Tierwelt, die kleinen Städtchen, die Märkte und die Fortbewegungsmittel sind ganz anders, kunterbunt und voller Leben.

Die Kinder haben grosse Freude an allem, was man mit ihnen unternimmt und interessieren sich für alles, was man zu erzählen weiss. In der Primarschule, in der ich ein wenig unterrichte, bin ich mit offenen Armen empfangen worden und die Kinder begeistern sich für alles und erzählen stolz, was sie schon von Gott und der Welt wissen. Wo ich schon dabei bin - der Glaube hat hier eine ganz andere Bedeutung und wird auch ganz anders gelebt. Ich bin kein Kirchgänger in meiner Heimat und wirklich beschreiben möchte ich es nicht; man muss es erlebt haben. Gleichaltrigen Freunden in der Schweiz habe ich geschrieben, dass der 'Samschdig Abiguusgang' hier Sonntagmorgen in der Kirche stattfindet.

Schon bald geht es für drei Tage auf Safari, anschliessend besuche ich noch zwei andere Waisenhäuser und die letzten Wochen verbringe ich wieder zu Hause im CCRC. Ich bin gespannt, was ich noch alles erleben darf.