DAS HAUS DES MARSA
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Liebe Freunde
Das vergangene Wochenende habe ich in Marsabit verbracht, um einige unserer GOA-Gemeinden dort zu besuchen und ein Seminar zu leiten. Marsabit ist eine Wüste in Nordkenia, mehr als 500 km von Nairobi entfernt. Die Hauptstadt der Region Marsabit heisst ebenfalls Marsabit, ist auf einem Vulkanberg angesiedelt und hat ca. 5'000 Einwohner. Sie liegt auf dem Weg nach Äthiopien und wurde erst kürzlich an das öffentliche Verkehrsnetz angeschlossen. Vor wenigen Jahren noch war die Gegend nur auf Anhängern von Lastwagen zugänglich. Jetzt gibt es zwar Busse, doch da die Strasse noch nicht geteert und deshalb in denkbar schlechtem Zusand ist, ist es nicht verwunderlich, dass hier der Fortschritt noch nicht Einzug gehalten hat.
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Auf Wikipedia wird die Stadt folgendermassen beschrieben:
"Die Stadt Marsabit ist ein Handelszentrum Richtung Äthiopien mit drei Tankstellen, einer Bank, einer Post, mehreren Geschäftern und Restaurants und sogar einem Waschservice mit einer Waschmaschine." =)
Aber auch Landwirtschaft wird betrieben, wobei meist Mais und Millet angebaut wird und die nomadischen Stämme handeln mit Vieh wie Kühen, Ziegen und Kamelen. Hier leben Menschen aus verschiedenen Stämmen zusammen, mehrheitlich Borana, Rendille, Gabbra und Burji. Den Namen Marsabit hat die Stadt von einem Bauern mit Namen Marsa erhalten, welcher vor langer Zeit aus Äthiopien ausgesandt wurde, um Landwirtschaft zu betreiben und sich schliesslich in der Marsabit-Region niederliess. Marsabit heisst übersetzt also: Das Haus des Marsa. Mehr als die Hälfte der Bewohner der Marsabit-Region sind Muslime, was auch die traditionelle Kleidung verrät: Lange Kleider und Kopftücher für Frauen, weisse Röcke oder weite Shirts für Männer.
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Da ich noch nie zuvor in Marsabit war, wurde die Reise zu einem einmaligen Abenteuer. Am Freitag um vier Uhr morgens verliess ich das Haus, um den einzigen Bus am Tag, der von Nairobi direkt nach Marsabit fährt, zu erwischen. Die Reise dauerte ca. zehn Stunden mit nur zwei Pausen von jeweils zehn Minuten. Da ich ganz vorne im Bus sass, schloss ich Bekanntschaft mit dem Fahrer und seinem Gehilfen und so wurde ich auf dem ganzen Weg gut unterhalten. Ich erhielt Mais, Kekse und Wasser geschenkt und lernte viel über ihre Kultur. Dass ich die einzige Frau im Bus war, die kein Kopftuch trug, bemerkte ich erst später. =) Die Reise führte uns durch die Wüstenlandschaft von Marsabit:
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Leider sahen wir auch einige Unfälle unterwegs. Einige davon schienen tödlich geendet zu haben. Die in der Gegend zerstreuten Autoteile sprachen für sich. Umso dankbarer war ich, als ich um zwei Uhr nachmittags in der Stadt Marsabit ankam. Gleich wurde ich von den Gemeindemitgliedern unserer GOA-Gemeinden in Marsabit an der Bushaltestelle herzlichst begrüsst, umarmt und willkommen geheissen. Ich war erstaunt über die Gastfreundschaft der Menschen hier und die folgenden zwei Tage liessen mich nur noch umso mehr staunen. Innerhalb von zweieinhalb Tagen zeigte man mir alle drei GOA-Gemeinden in Marsabit, ich besuchte mindestens 15 verschiedene Familien, ass mehr Mahlzeiten am Tag denn je, unterrichtete zwei Seminare, nahm an einem Gottesdienst teil und durfte ganz viele neue Freunde gewinnen. Als es am zweiten Tag meines Aufenthalts zu regnen begann (was es dem Staub entsprechend wohl seit vielen Wochen nicht mehr hatte) waren alle Leute überzeugt, dass mein Kommen mit einem Segen verbunden sein musste. =) Wasser ist in Marsabit ein zentrales Problem und so diskutierten wir mit den GOA-Mitgliedern in Marsabit, wie wir gemeinsam Lösungen dafür finden können. Wir hoffen, dass auch wir als GOA Schweiz einen Beitrag dazu leisten können, Wasser für die Menschen hier verfügbar zu machen.
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Trotz dem unglaublich bescheidenen Lebensstil der Bewohner von Marsabit wurde ich als Besucherin in jedem Haus mit Freude aufgenommen, mit allen Köstlichkeiten verwöhnt und mit den Worten: Nächstes Mal kommst du aber nicht nur für eine Stunde, sondern für eine Woche zu uns" entlassen. Die herzliche Aufnahme der Menschen hier beeindruckte mich zutiefst und als sie mir zum Abschied dann auch noch ein Kleid schenkten, mir das Busticket bezahlten und alle kamen, um mich an der Bushaltestelle zu verabschieden, war ich den Tränen nah. Ja, als Schweizerin kann ich viel von den Menschen hier lernen.
Wer mithelfen möchte, die Menschen im "Haus des Marsa" mit Wasser zu unterstützen, ist herzlich willkommen.
Aus Kenia grüsst euch,
Rebekka