DAS LEBEN KEHRT ZURÜCK – KENIA NACH DEN WAHLEN
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Liebe Freunde,
Eine Woche ist seit den Präsidentschaftswahlen vergangen. Aufgrund der befürchteten Unruhen und Aufstände hielt das ganze Land den Atem an. Die Menschen hofften auf Frieden, aber bereiteten sich trotzdem aufs Schlimmste vor (siehe Blog vom 08.08.2017). Bereits am Morgen nach den Wahlen zeichnete sich ab, dass Uhuru Kenyatta als Präsident wiedergewählt würde. Doch ebenso schnell wurde auf Seite der Opposition von Wahlbetrug gesprochen.

Bis das Resultat endgültig feststand und offiziell verkündet werden konnte, dauerte es bis Freitag spät abends. Genug Zeit also auch für den unterlegenen Präsidentschaftsbewerber Raila Odinga und sein Team, den vermuteten Wahlbetrug mit neuen Beweisen oder Vermutungen zu belegen. So soll die Identität eines kürzlich ermordeten Mitarbeiters der Wahlkommission verwendet worden sein, um sich in das System einzuhacken. Auch wurde immer wieder betont, dass man die Niederlage nicht akzeptieren werde, dass aber der Gang vors Gericht keine Option sei. Denn dort hat man nach der Wahlniederlage vor vier Jahren bereits verloren. Also blieb die Aufforderung an die Anhänger, diese Ungerechtigkeit nicht hinzunehmen, sondern sich zu erheben und sich dagegen zu stellen. Während in manchen Städten in der Nacht auf Samstag die Wiederwahl des Präsidenten lautstark gefeiert wurde, war es in den Oppositionshochburgen nicht minder laut: Proteste und Krawalle, der Einsatz von Tränengas und leider auch von scharfer Munition. Über zwanzig Menschen fanden in diesen Ausschreitungen ihren Tod; weitere hundert mussten medizinisch versorgt werden. Für Odinga scheint das aber nicht genug zu sein. So hat er für den gestrigen Tag zu Streiks aufgerufen.
Doch es scheint, als verlieren auch immer mehr seiner eigenen Anhänger den Glauben oder die Kraft, am Ausgang dieser Wahlen noch etwas zu ändern. Bereits seit Samstag nämlich kehrt Leben in die Strassen zurück. Nach fast einer Woche des Wartens auf den Ausgang der Wahlen widmen sich die Menschen nun wieder ihrer Arbeit . So war Nairobi gestern genauso belebt, wie das eben an einem gewöhnlichen Montag der Fall ist: Menschen, die ihre Ware an die Leute bringen wollen; andere, die um einen zusätzlichen Fahrgast buhlen, und sowohl auf den Strassen wie auch auf dem Bürgersteig gibt es kaum ein Durchkommen. Vor lauter Trubel und Lärm hätte man beinahe vergessen können, dass ein gewisser Raila Odinga, der immerhin knapp 45 Prozent der Stimmen auf sich vereinte, zu einem landesweiten Streik aufgerufen hat. Doch noch bleibt die Spannung. Heute möchte Odinga sein weiteres Vorgehen verkünden. Es bleibt zu hoffen, dass die Strassen von Nairobi unabhängig davon auch in den nächsten Tagen so voller Leben bleiben.
Herzliche Grüsse, Matthias