NEU:ABENTEUER GARSEN 2 MIT BILDERN!!

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Liebe Freunde

DSC02633Ich sitze gerade im Schatten eines Baumes und habe meinen Laptop auf den Knien. Hier draussen weht wenigstens eine leichte Brise, ohne welche die Hitze fast unerträglich wäre. In einer Stunde fährt bereits mein Bus Richtung Nairobi, wo ich morgen im Verlauf des Morgens ankommen werde; natürlich wenn alles nach Plan verläuft, was hier ja selten vorkommt.

DSC02663In den letzten Tagen hier in Garsen durfte ich unglaublich viel erleben. Über das Wochenende habe ich ja bereits berichtet. Am Montagmorgen hatte ich dann die Möglichkeit, mit Peter Wangura, dem Leiter des Küstenprojekts, und mit einigen Gemeindemitgliedern die ältesten Bewohner des Dorfes Garsen zu besuchen, wo wir zur Zeit wohnen. Wir gingen von Hütte zu Hütte während die Sonne heiss brannte. Wir hörten den Geschichten der Vergangenheit und der Gegenwart zu, verteilten Pakete mit den nötigsten Lebensmitteln beteten mit den Leuten und ermutigten sie. Auch wir wurden jedoch ermutigt zu sehen, wie diese alten Leute noch immer an ihreDSC02548m Glauben festhalten und zuversichtlich in die Zukunft schauen. Einige Umstände waren jedoch schockierend. Eine alte Grossmutter lebt mit 9 Enkelkindern in einer Strohhütte, welche kein Dach hat. Eine andere alte Frau hat ein auf das dreifache angeschwollenes, entzündetes Bein und freute sich riesig über einen Fünfliber um ein benötigtest Medikament kaufen zu können. In einem anderen Haus trafen wir vor der Haustür ein Alligator an, der sich wohl in die Siedlung verirrt hatte, und bereits von fünf Speeren durchbohrt war, aber immer noch lebte.

DSC02570 Die erlebnisreiche und auch beeindruckende Tour endete um den Mittag, und gleich ging es weiter auf die Felder der Bauern hier. Diese bauen unter beschwerlichen Umständen Wassermelonen, Tomaten und Mais an und als wir alle zusammenriefen und sie in ihrer Arbeit ermutigten, Werkzeuge verteilten und Lieder anstimmten, war die Freude gross. Alle erzählten von ihren Erfolgen und Schwierigkeiten beim Bauern und bedankten sich herzlich für den Besuch. Als Geschenk erhielten wir eine riesige, saftig rote Wassermelone, welche wir gleich auf dem Feld verspeisten. Gegen Abend verliessen wir die Bauern und fuhren in ein Strohhüttendorf, welches abgelegen in der Steppe liegt und dem Volk der Orma gehört. Die Ormas sind eine traditionelle kenianische Völkergruppe, welche von Viehzucht leben und zu 99% Muslime sind. Die Mosche, das einzige Steingebäude im ganzen Dorf, ist deshalb auch von weitem nicht zu übersehen. DSC_3721Dort angekommen machte sich Peter wieder auf den Heimweg während ich für die Nacht zurückblieb. Bereits vor zwei Jahren hatte ich hier bei einer Familie übernachtet, und jetzt war die Freude über die zurückgekehrte Tochter gross. Gemeinsam mit meiner „Schwester“ Mariamu und meinem Bruder „Mohamed“, welche zu jener Familie gehörten, sassen wir vor unserer Hütte und alle Leute des Dorfes kamen der Reihe nach um zu grüssen, ein bisschen zu schwatzen und mich willkommen zu heissen. Sogleich erhielt ich von Mariamu ein traditionelles Orma-Kleid und die jungen Männer brachten mir einige Wörter in Kiorma, ihrer Sprache bei, während ich sie lehrte auf Schweizerdeutsch zu zählen. Da es hier um 7 Uhr stockdunkel ist, gehen die Leute früh schlafen, und so legte sich die ganze Familie in der Strohhütte auf Matten. Nur noch die Gebete der Moschee durchdrangen die Nacht. Ich musste darüber nachdenken, mit wie wenig diese Leute überleben: Eine Hütte aus Stroh, eine Matte aus Stroh, einige Töpfe aus Ton und einige Tücher zum Anziehen, einige Schafe und einige Kinder…

DSC_3731 Der neue Tag begann um vier Uhr morgens – die Gebetszeit der Muslime. Danach war eine Tasse süsser Tee mit Gewürzen bereit und ich wurde zu einem kleinen Strohunterstand geführt, welchen ich als Waschraum benutzen konnte. Gemeinsam mit Mariamu und Mohamed spazierte ich durch das Dorf, grüsste die Leute in Kiorma, der lokalen Sprache, und liess mir erklären, wer der Onkel des Cousins des Grossvaters des Bruders und wer die Grossmutter der Schwester der Tante ist. Hier scheinen viele irgendwie Verwandt zu sein. Einige Frauen waren gerade dabei, Hauswände zu flechten, und luden mich ein, das Handwerk von ihnen zu lernen. Nach wenigen Minuten hatte ich das Konzept begriffen und die Frauen strahlten. Schlussendlich kamen wir auf dem Sandplatz mitten im Dorf an, der von den Jugendlichen als Fussballfeld genutzt wird. Ich hatte DSC_3809den Jugendlichen am Vortag versprochen, dass ich mir ihr morgendliches Training anschauen werde, und trotz der morgendlichen Hitze gaben die jungen Männer alles. Der Ball war jedoch so zerfetzt, dass ich ihnen nach dem Spiel versprach, ihnen einen Fussball zu kaufen. Wir sassen mit dem Team zusammen, ich durfte einige Lebenserfahrungen und Ratschläge weitergeben und es gab ein Gruppenfoto.

Nach dem Spiel setzte ich mich unter einem Baum auf eine Strohmatte und rief alle älteren Mädchen des Dorfes zusammen. Wir sassen bestimmt zwei Stunden in unsere Tücher gehüllt im Kreis und redeten über Frauenangelegenheiten und über Ziele im Leben. Hier heiraten viele Mädchen mit 12 oder 13 Jahren und gebären anschliessend 15 Kinder, was dazu beigetragen hat, das das Volk der Orma bis heute mehrheitlich arm geblieben ist. Bildung und Fortschritt sind hier für viele nicht von Bedeutung, besonders für Mädchen. Die Gespräche waren aber sehr ermutigend und es gibt trotz allem eine Zukunft für das Dorf.

DSC_3738Nach dem Treffen erhielten alle Kinder Biskuits und dann machte ich mich auf den Weg zum Fluss wo bereits das nächste Abenteuer wartete. Um zurück ins Dorf Garsen zu kommen, muss der Fluss nämlich mit einem Einbaum-Boot überquert werden. Für das Überqueren bezahlt man nur 10 Rappen und das Ganze macht richtig Spass, wären da nicht die Krokodile im Fluss….

DSC02672Nach einem Treffen in der Gemeinde, wo wiederum Essen an Bedürftige verteilt wurde, erhielt auch ich einige Geschenke der Mitglieder, wie Armbänder, farbige Tücher und Sandalen. Es war wir Weihnachten und Geburtstag zusammen und anschliessen gab es bei Peter zuhause noch ein Festmahl, zu dem alle Frauen der Gemeinde eingeladen waren. Wir kochten, lachten, erzählten Geschichten und liessen uns die geschlachtete Gans schmecken. Doch die Herausforderungen fehlten nicht: Die vielen Insekten machten das Essen fast unmöglich. Das ganze Haus lebte in allen Farben, Formen und Grössen. Die grössten Käfer brummten wie Ventilatoren, die kleinen musste man Massenweise aus dem Essen herauslesen und andere krochen von allen Seiten in die Kleider. Als dann noch der Strom ausfiel und niemand mehr sehen konnte, was auf dem Löffel war, ermutigten wir uns gegenseitig, das Insekten schliesslich sehr nahrhaft und gesund seien, und assen weiter. Todmüde fiel ich um Mitternacht ins Bett.

Heute Morgen machten wir uns dann auf in ein anderes Dorf mit Namen Belissa. Die Wege in die Dörfer waren oft beschwerlich. Gemeinsam mit Peter war ich auf einem Motorrad unterwegs. Die einen Wege waren unter Wasser wegen des Regens letzte Woche, und so sanken wir oft bis zu den Knien im Sumpf ein. Die Büsche am Wegrand hatten alle Stacheln und so kam man oft ziemlich zerkratzt am Ziel an.

DSC02716Belissa ist ein Dorf, welches vom Stamm der Wata bevölkert ist. Der Dorfälteste ist hier über hundert Jahre alt und freute sich riesig über die Bohnen und den Mais den wir ihm mitbrachten. Dann gab es eine Dorfsitzung unter dem grossen Baum auf dem Dorfplatz, so wie man sich Afrika vorstellt. Die Ältesten begrüssten den Besuch, dann sangen die Kinder einige Lieder und schliesslich durften wir dann einige Worte an das Dorf richten und die mitgebrachten Nahrungsmittel an die Alten und die Kinder verteilen. Dann wurden wir zum Ort geführt, wo das Dorf zur Zeit gerade an einem Schulhaus aus Holz und Stroh baut. Wir haben dem Dorf vor drei Jahren geholfen, einen Kindergarten anzufangen, nun hat das Dorf entschieden, grössere Räume zu bauen und die Schule bis zur 5. Klasse weiterzuführen. Dies zu sehen ermutigte mich sehr, gab es doch vor wenigen Jahren noch gar keine Schule unter den Wata. Auch als GOA Schweiz werden wir versuchen, die Schule weiterhin sofern möglich zu unterstützen.

Ich bin dankbar für die Zeit hier an der Küste, und durfte auch persönlich viel lernen. Ich freue mich aber auch wieder auf gemässigtes Klima und meine Freunde in Nairobi und hoffe, dass die 12-stündige Fahrt gut verlaufen wird. Danke für euer Mittragen und herzliche Grüsse von allen hier,Rebekka

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